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Samstag, 9. Juli 2011
Donnerstag, 7. Juli 2011
"On The Road Again"
Es sind nun schon mehr als zwei Monate her, als wir von Bolligen aus mit dem Fahrrad in Richtung Osten aufgebrochen sind. Bereits 9 Länder wurden durchquert und unzählige Bekanntschaften gemacht. Zeitweilen sind die Tage derart intensiv, sodass wir das Fahrrad zur Seite stellen und Innehalten müssen.
Zurzeit befinden wir uns in einem Hotel in Kahramanmaras im Süden der Türkei, nahe der Syrischen Grenze. Die letzten Tage waren körperlich sehr anstrengend. Mit langen Etappen haben wir versucht die 10-tägige Pause in Istanbul zu kompensieren. Das bergige Profil Zentralanatoliens hat uns stark zugesetzt und so leisten wir uns eine bezahlte Unterkunft mit Dusche und Frühstück. Wir können dies ohne schlechtes Gewissen bezüglich unserem Budget tun, denn die türkische Gastfreundschaft ist derart grandios, dass wir fast kein Geld ausgeben. Gerade erst gestern waren wir in einem kleinen Dörfchen zum Essen und Schlafen eingeladen. Mit der Absicht unsere Wasserflaschen aufzufüllen waren wir ins Dorfzentrum abgebogen. Wie so oft bildete sich eine Traube von Menschen vornehmlich Kindern um uns herum. Als erstes wird der bepackte Drahtesel bestaunt, dem folgt eine gestenreiche Erklärung unseres Vorhabens und schliesslich will geholfen werden. Da sich eine kleine Regenschauer anbahnte wurde uns sogleich eine Unterkunft angeboten, gleich im Haus nebenan bei einer 6-Köpfigen Familie. Nach der ersten Verköstigung gings auf einen Dorfspaziergang, angeführt von etwa zwei Dutzend Kindern. Die kleine Moschee, die Schule, die Wasserquelle und der Internetschuppen wurden uns voller Stolz präsentiert. Die Herzlichkeit unserer Gastgeber ist vor allem seit dem Eintritt in die Türkei überwältigend. Es ist kaum zu glauben, aber wir hatten auf unserem Weg durch 9 Länder Europas, mal abgesehen von einigen übermotivierten Hunden, noch keine einzige feindliche Begegnung zu beklagen.
Wir gleiten durch die Landschaft
Die Übernachtungen in der Natur sind immer wieder ein Abenteuer. Oftmals stellen wir unser Zelt in der Dunkelheit auf und sind dann morgens überrascht, in welch schöner Umgebung wir aufwachen. Das Erleben der landschaftlichen Veränderung über die Distanz ist beeindruckend. Die Vegetation und auch die Tierwelt verändert sich von alpinen über mediterrane bis hin zu sehr kargen Gebieten erstaunlich schnell.
Mit unseren Zweirädern gleiten wir dahin, mal langsamer und mal schneller, im Durchschnitt machen wir etwa 80 Kilometer täglich. Mal ist es heiss und dann wieder angenehm kühl. Oftmals spielt der Wind eine entscheidende Rolle und beeinflusst unser Tempo als auch unsere Laune, nichts ist mühsamer als einen ganzen Tag gegen den Wind fahren zu müssen. Das Fahrrad als Reisemittel erschien uns nebst dem sportlichen Aspekt vor allem auf Grund der reduzierten Geschwindigkeit optimal. Wir sind jedoch überrascht wie schnell man vorankommt. Die Tage sind bei Grenzübergängen besonders intensiv, wie folgendes Beispiel illustrieren soll
Zeitweilen von der Intensität überwältigt
Wir erwachen in einem Hostel in Skopje, wo sich aufgrund des bevorstehenden Fussballspiels zwischen Mazedonien und Irland eine ganze Meute von Irischen Fans eingemietet hat. Der Kopf dreht sich noch ein wenig und die Lachmuskeln sind angeschlagen, die vorangegangene Nacht hatten wir den Iren gewidmet. Am Mittag machen wir uns auf in Richtung Griechische Grenze. Der Weg führt uns durch eine stark bewaldete und unbewohnte Gegend. Da wir für diesen Abschnitt keine gute Strassenkarte besitzen, erkundigen wir uns mehrmals bei den Anwohnern. Natürlich werden wir wieder eingeladen. Mit dem Familienvater, seinen beiden Söhnen und der etwas scheuen Grossmutter verweilen wir in deren Garten und trinken Tee. Da es bereits eindunkelt und wir unbedingt Griechenland erreichen wollen, müssen wir die Einladung über Nacht zu bleiben ausschlagen und uns verabschieden. Als Proviant werden uns Tomaten, Peperoni, Brot und Nüsse mitgegeben. Gegen 21 Uhr überqueren wir die Grenze. Die Müdigkeit macht sich bereits bemerkbar und wir halten Ausschau nach einem geeigneten Plätzchen für unser Zelt, doch nichts dergleichen. Beim Passieren eines Gasthofs hören wir laute Musik, es ist eine Hochzeit und nach 5 Minuten sitzen wir an einem massiv überfüllten Tisch, stossen mit Hochprozentigem auf das Brautpaar an und schlagen uns den Bauch voll. Bis zwei Uhr morgens verweilen wir und werden anschliessend zu einem Haus eskortiert, in welchem wir für eine Nacht den ganzen oberen Stock für uns beanspruchen dürfen.
Die Intensität der Erlebnisse ist überwältigend. Wir treiben dahin, sagen „ja gerne“, „lieber nicht“ und „vielen Dank“ und der Rest erledigt sich von selbst. Einzig unser Ziel, China zu erreichen hält uns vom längeren Verweilen ab. So machen wir uns mit Johnny Cashs „On The Road Again“ in den Ohren auf um in den nächsten Tag zu gleiten.
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