Mit einem 3-Tages Transitvisum in der Tasche überqueren wir die Turkmenische Grenze. Es ist lediglich ein Kurzbesuch aber trotzdem werden wir dieses kleine merkwürdige Land noch lange in Erinnerung halten. Strom, Wasser und Gas ist für alle Turkmenen kostenlos. Benzin kostet 40 Rappen pro Liter und eine Wohnung 10 Franken pro Jahr. Nach den Abfallsündern im Iran erleben wir hier einen ungewohnten Umgang mit natürlichen Ressourcen. Es kann schon mal vorkommen, dass man den Gasherd über Nacht brennen lässt, da die Streichhölzer verlegt wurden. Wir finden jedoch keineswegs einen hohen Lebensstandard vor, denn Arbeit ist rar und ein gutes Einkommen beträgt lediglich 300 Dollar im Monat. Um so fremder erscheint uns die Stadtplanung der Grösseren Orte. Breite blitzblanke Strassen, gesäumt von pompösen staatlichen Bauten und vollgespickt mit Monumenten und Statuen, sind wohl einerseits die Überbleibsel der Sovietunion aber auch Folge des massiven Personenkults um den verstorbenen Präsidenten Niyazov, dem selbsternannten Vater der Turkmenen. Sein Bild ziert jedes grössere Gebäude und wird wohl täglich auf Hochglanz poliert. Auch aufgrund des ausgiebigen Konsums von Vodka, haben wir das Gefühl in Russland angekommen zu sein, jedoch das Äussere des Turkmenen lässt uns die Nähe zur Mongolei erahnen.
In 3 Tagen müssen wir also Turkmenistan durchqueren. Mit dem Fahrrad eine fast unmögliche Aufgabe und so halten wir bereits kurz nach der Grenze Ausschau nach Mitfahrgelegenheiten. Zu später Stunde findet uns das Glück und wir können unsere beiden Esel in einen Kleintransporter verladen. Vater und Sohn, mit frisch eingekauften Waren unterwegs für den Markt nehmen uns mit bis nach Mary, eine Stadt die eigentlich gar nicht existiert. Einen Stadtkern sucht man vergebens und aufgrund der unangenehmen Hitze sind die Strassen leergefegt. Nach einer geruhsamen Nacht bei unserem Chauffeur zuhause verlassen wir die Stadt in Richtung Norden. Die Karakum Wüste durchqueren wir mit einem grossen Metalltransporter und erreichen spät abends Turkmenabat. Die Suche nach einem geeigneten Hotel gestaltet sich schwierig, denn alle Hotelzimmer sind aus schmudeligen Gründen ausgebucht. Wir können letztendlich einen Nachtportier überzeugen uns auf der Lobbycouch übernachten zu lassen, zumindest bis zum Ende seiner Schicht um 5 Uhr.
Nach wenigen Stunden Schlaf werden wir auch schon geweckt und nach draussen beordert. Wir lernen Ashgar kennen, der gerade von der Hauptstadt hergeflogen war um die Familie zu besuchen. Wir verbringen unseren letzten Tag mit ihm und seinem Kollegen. Vodka trinken bereits um neun Uhr morgens, baden am City-Beach, Bier trinken, kleines Schläfchen und eine Runde Vodka. Nach diesem sinnreichen Tag wollen wir uns ein gutes Abendessen gönnen. Wir schlemmen, tanzen und trinken. Beim rausgehen will unser Kollege bei einer kleinen Auseinandersetzung mit der Polizei schlichten und wenige Minuten später befinden wir uns alle vier in einem Polizeiauto in Richtung Polizeiwache. Das Auto, von den Polizisten selbst auch „Retro-Mobile“ genannt wurde wohl in den 60er Jahren produziert. Die Bremsen funktionieren nicht und gestartet wird mit der Kurbel. Drei von uns sind hinten im winzig kleinen Zwinger eingeklemmt, doch glücklicherweise ist die Wache gleich um die Ecke. Da wir uns ziemlich sicher sind, dass man uns nichts anhaben kann und die Beamten ziemlich gut gelaunt sind gehen wir mit einer gewissen Neugierde an die Sache ran. Man will unsere Pässe sehen, die wir jedoch nicht mit uns tragen. Da wir uns eine Zigarette genehmigen will uns der extra heranberufene Migrationsbeauftragte nicht glauben, dass wir Sportler und mit dem Fahrrad unterwegs sind. Unsere Gastgeber werden befragt und gerügt, da sie fremde aufnehmen und nichts über sie wüssten. Wir könnten vom KGB sein war der Grundtenor unter den Beamten. Etwa um 2 Uhr nachts war es endlich soweit und der Beschluss war gefasst. Die beiden Schweizer müssen heute noch die Stadt verlassen. Mit mehreren Autos fahren wir zum Haus unseres Gastgebers, zeigen die Pässe und ziehen uns die Velohosen über. Wir wollen die Geduld der Polizisten noch ein bisschen auf die Probe stellen und lassen uns extrem lange Zeit. Nach einer Weile ziehen sie ab und beauftragen einen Taxifahrer uns aus der Stadt in Richtung Usbekische Grenze zu geleiten. Der Fahrer entpuppt sich als Hip-Hop Fan und so werden wir mit 2Pacs „That’s just the way it is“ aus Turkmenabat eskortiert.
Durch das lange warten auf der Polizeiwache, war die Aktion ein bisschen mühsam auch wenn uns die zu Dutzenden herangekarrten besoffenen Turkmenen immer wieder aufheiterten. Im Grossen und Ganzen wars jedoch durchaus spannend zu sehen, wie die Polizisten alles und jeden beschuldigen. Ganz egal ob da überhaupt etwas vorgefallen war oder nicht. Das alles war wohl vor allem ein Produkt der Langeweile auf Seiten der Beamten.