Der Verzerr von schlechtem Essen kann auch Vorteile haben: man findet viel Zeit seinen Blog aufzuarbeiten, da Velo fahren eh kein Thema ist. So liegen wir nun bereits 72 Stunden im Hotelzimmer und bewegen uns eigentlich nur bis zur Toilette. Aber es gibt definitiv spannenderes zu Erzählen:
Die Strecke von Sarajevo nach Pristina führte uns durch viele wilde Täler und nette Berge. Weite Teile der Strecke haben wir auf Nebenstrassen und unasphaltierten Strecken zurückgelegt, was einiges ungewisser und abenteuerlicher war als die Sonntagsspazierfahrt der kroatischen Küste entlang. So wechselte eine perfekte Teerstrasse abrupt in eine Schotterstrasse mit unzähligen unbeleuchteten Tunnels. Ein 45 Kilogramm schweres Fahrrad auf löcherigem, steinigem Untergrund durch stockdunkle Tunnels zu steuern ist schwieriger als man denkt. Als uns dann noch ein Erdrutsch die Strasse versperrte und sich just beim Passieren des Abschnitts ein weiterer Teil des Abhangs löste, hatten wir genug Abenteuer und so pedalten wir möglichst schnell zum nächsten Bier.
Bei einer Tankstelle kauften wir eine serbische Strassenkarte, wobei wir erst später bemerkten, dass auf der Karte alle Bäder und Mineralquellen eingezeichnet waren. Und voilà, auf unserer Route war tatsächlich ein Bad eingezeichnet. Voller Elan kamen wir stinkig und schwitzig beim Bad, leider nein, der Rehabilitationsklinik an. Wir freuten uns auf warmes Wasser, Whirlpool was wir aber vorfanden war nur einen schäbigen Pool. Schon fast aufgegeben fragten wir wie es denn eigentlich mit einer Massage aussehe? Nur 10 Euro für 60 Minuten? Darum liessen wir uns nicht zweimal bitten und so wurden wir geknetet wie die Könige während uns die lieben Krankenschwestern gleichzeitig das Nachtlager organisierten.
Weiter in den Kosovo... Die Überwachung der Kosovarischen Grenze ist beeindruckend. Auf den naheliegenden Hügeln ist die KFOR und die amerikanische Armee mit schwerem Geschütz in Stellung. Beim einfahren hoffen wir, dass sie uns Velogeeks nicht als UFO (unbekanntes fahrendes Objekt) identifizieren und uns wegsprengen. Doch weitgefehlt, die EUROLEX Beamten an der Grenze laden uns zum Kaffee ein und erzählen uns von ihren Missionen im Kosovo, in Kabul oder anderweitig auf der Welt. Anscheinend versuchen „Kriminelle“ die Lage vor Ort zu destabilisieren, in dem sie den Grenzübergang angreifen wobei sie es aber vor allem auf das Material und weniger auf die Menschen abgesehen haben. Überhaupt ist es unglaublich wie viele EUROLEX Autos und ausländische Militärs wir im Norden von Kosovo passieren. Was die genau alle machen, abgesehen von auf der Strasse herumfahren, bleibt für uns eher unklar.
Pristina zählt ungefähr 400'000 Einwohner und ist eine sehr dynamische Stadt. Wir haben Glück, denn durch einen vermittelten Kontakt bekommen wir einen sehr guten Zugang zur sehr jungen und aufblühenden Stadt. Alban ist 30 Jährig und verdient sein Geld mit seiner künstlerischen Ader. Seine Bilder und Installationen sind europaweit zu finden. Er zeigt uns seine liebsten Plätze und stellt uns seinen Freunden vor, vornehmlich aus einer gebildeten Mittelschicht, wie es uns scheint. Uns beeindrucken die Geschichten über Flucht während dem Krieg, dem Leben mit politischem Asyl und der Rückkehr in ein Land, das sich zwar im Aufbau befindet aber sehr wenige Möglichkeiten bietet. Der Respekt wächst und wir fragen uns wie wir mit solch vielen Kehrtwendungen im Leben und ohne sicheren Hafen umgehen könnten.
Mit dem Wunsch noch mehr von diesem kleinen Land zu sehen, machen wir uns auf in Richtung Westen, was zwar einem Umweg gleichkommt, uns aber eine wunderschöne bergige Landschaft bieten soll. Was wir bekommen ist 4 Tage Hotelzimmer und Bettruhe, eher suboptimal... So, wir glauben jetzt unseren Körpern genug Ruhe gegönnt zu haben. Wir verlassen jetzt Peja in Richtung Skopje und Griechische Küste, denn wir wollen unbedingt ga bajen!