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Sonntag, 21. August 2011

Turkmenistan?



Mit einem 3-Tages Transitvisum in der Tasche überqueren wir die Turkmenische Grenze. Es ist lediglich ein Kurzbesuch aber trotzdem werden wir dieses kleine merkwürdige Land noch lange in Erinnerung halten. Strom, Wasser und Gas ist für alle Turkmenen kostenlos. Benzin kostet 40 Rappen pro Liter und eine Wohnung 10 Franken pro Jahr. Nach den Abfallsündern im Iran erleben wir hier einen ungewohnten Umgang mit natürlichen Ressourcen. Es kann schon mal vorkommen, dass man den Gasherd über Nacht brennen lässt, da die Streichhölzer verlegt wurden. Wir finden jedoch keineswegs einen hohen Lebensstandard vor, denn Arbeit ist rar und ein gutes Einkommen beträgt lediglich 300 Dollar im Monat. Um so fremder erscheint uns die Stadtplanung der Grösseren Orte. Breite blitzblanke Strassen, gesäumt von pompösen staatlichen Bauten und vollgespickt mit Monumenten und Statuen, sind wohl einerseits die Überbleibsel der Sovietunion aber auch Folge des massiven Personenkults um den verstorbenen Präsidenten Niyazov, dem selbsternannten Vater der Turkmenen. Sein Bild ziert jedes grössere Gebäude und wird wohl täglich auf Hochglanz poliert. Auch aufgrund des ausgiebigen Konsums von Vodka, haben wir das Gefühl in Russland angekommen zu sein, jedoch das Äussere des Turkmenen lässt uns die Nähe zur Mongolei erahnen.


In 3 Tagen müssen wir also Turkmenistan durchqueren. Mit dem Fahrrad eine fast unmögliche Aufgabe und so halten wir bereits kurz nach der Grenze Ausschau nach Mitfahrgelegenheiten. Zu später Stunde findet uns das Glück und wir können unsere beiden Esel in einen Kleintransporter verladen. Vater und Sohn, mit frisch eingekauften Waren unterwegs für den Markt nehmen uns mit bis nach Mary, eine Stadt die eigentlich gar nicht existiert. Einen Stadtkern sucht man vergebens und aufgrund der unangenehmen Hitze sind die Strassen leergefegt. Nach einer geruhsamen Nacht bei unserem Chauffeur zuhause verlassen wir die Stadt in Richtung Norden. Die Karakum Wüste durchqueren wir mit einem grossen Metalltransporter und erreichen spät abends Turkmenabat. Die Suche nach einem geeigneten Hotel gestaltet sich schwierig, denn alle Hotelzimmer sind aus schmudeligen Gründen ausgebucht. Wir können letztendlich einen Nachtportier überzeugen uns auf der Lobbycouch übernachten zu lassen, zumindest bis zum Ende seiner Schicht um 5 Uhr.


Nach wenigen Stunden Schlaf werden wir auch schon geweckt und nach draussen beordert. Wir lernen Ashgar kennen, der gerade von der Hauptstadt hergeflogen war um die Familie zu besuchen. Wir verbringen unseren letzten Tag mit ihm und seinem Kollegen. Vodka trinken bereits um neun Uhr morgens, baden am City-Beach, Bier trinken, kleines Schläfchen und eine Runde Vodka. Nach diesem sinnreichen Tag wollen wir uns ein gutes Abendessen gönnen. Wir schlemmen, tanzen und trinken. Beim rausgehen will unser Kollege bei einer kleinen Auseinandersetzung mit der Polizei schlichten und wenige Minuten später befinden wir uns alle vier in einem Polizeiauto in Richtung Polizeiwache. Das Auto, von den Polizisten selbst auch „Retro-Mobile“ genannt wurde wohl in den 60er Jahren produziert. Die Bremsen funktionieren nicht und gestartet wird mit der Kurbel. Drei von uns sind hinten im winzig kleinen Zwinger eingeklemmt, doch glücklicherweise ist die Wache gleich um die Ecke. Da wir uns ziemlich sicher sind, dass man uns nichts anhaben kann und die Beamten ziemlich gut gelaunt sind gehen wir mit einer gewissen Neugierde an die Sache ran. Man will unsere Pässe sehen, die wir jedoch nicht mit uns tragen. Da wir uns eine Zigarette genehmigen will uns der extra heranberufene Migrationsbeauftragte nicht glauben, dass wir Sportler und mit dem Fahrrad unterwegs sind. Unsere Gastgeber werden befragt und gerügt, da sie fremde aufnehmen und nichts über sie wüssten. Wir könnten vom KGB sein war der Grundtenor unter den Beamten. Etwa um 2 Uhr nachts war es endlich soweit und der Beschluss war gefasst. Die beiden Schweizer müssen heute noch die Stadt verlassen. Mit mehreren Autos fahren wir zum Haus unseres Gastgebers, zeigen die Pässe und ziehen uns die Velohosen über. Wir wollen die Geduld der Polizisten noch ein bisschen auf die Probe stellen und lassen uns extrem lange Zeit. Nach einer Weile ziehen sie ab und beauftragen einen Taxifahrer uns aus der Stadt in Richtung Usbekische Grenze zu geleiten. Der Fahrer entpuppt sich als Hip-Hop Fan und so werden wir mit 2Pacs „That’s just the way it is“ aus Turkmenabat eskortiert.


Durch das lange warten auf der Polizeiwache, war die Aktion ein bisschen mühsam auch wenn uns die zu Dutzenden herangekarrten besoffenen Turkmenen immer wieder aufheiterten. Im Grossen und Ganzen wars jedoch durchaus spannend zu sehen, wie die Polizisten alles und jeden beschuldigen. Ganz egal ob da überhaupt etwas vorgefallen war oder nicht. Das alles war wohl vor allem ein Produkt der Langeweile auf Seiten der Beamten.

Samstag, 20. August 2011

„Welcome to Iran“


Nach den Anstrengungen im hügeligen Osten der Türkei nehmen wir es im Iran ein bisschen gemütlicher. Da wir die Visa für die Weiterfahrt organisieren müssen, bleibt uns Zeit um die Islamische Republik mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu bereisen. Ein Land das vor allem durch die unglaubliche Gastfreundschaft und Liebe zu Fremden besticht, aber auch unheimliche Kontroversen aufweist.

Wir erreichen den Grenzübergang zum Iran und eine gewisse Nervosität macht sich in unseren Köpfen breit. Was wir  in diesem, dem Westen gegenüber angeblich so feindlich eingestellten und zugleich religiös konservativen Land wohl erleben werden?  Wir kennen die vorwiegend negativen Berichte unserer Medien und zugleich die unzähligen positiven Reiseberichte aus dem Internet. Diese sich widersprechenden Informationen lassen irgendwie erahnen, dass uns der Iran noch einige Male überraschen wird. Und so ist es denn auch: wer hier nur tief religiöse, konservative, durch die internationalen Sanktionen und Zensuren von dem Rest der Welt abgeschottete Menschen erwartet, liegt falsch. Die Iraner begegnen uns mit viel Offenheit und Wissensdurst. Nach dem obligaten „welcome to Iran“ folgen meist eine Reihe von Fragen nach der Herkunft, der Beschäftigung, dem Vorhaben und besonders wichtig ist die Frage bezüglich der Meinung zum Iran. Durch das Umgehen der Sperren im Internet und Fernseher wissen die Iraner sehr wohl was auf der Welt abgeht und sind sich auch des eher negativen Images in den westlichen Medien bewusst.  Sie wollen uns unbedingt zu verstehen geben, dass es einen grossen Unterschied zwischen den Leuten und der Regierung gibt.


Totale Kontrolle

In der Hauptstadt Tehran müssen die Visa für die Weiterfahrt nach Turkmenistan und Usbekistan beantragt werden und so verbringen wir die ersten Tage in dieser stickigen 15-Millionen Metropole. Wir tauchen ein in eine Gesellschaft voller Zwänge und Kontroversen. Natürlich interessieren wir uns dafür, wie es wohl sein mag unter einem solch repressiven Regime zu leben. Die Gesichter des Revolutionsführers Ayatollah Chomeini und seines Nachfolgers Ayatollah Chamenei sind allgegenwärtig und erscheinen uns anfangs noch eindrücklich. Nach einer gewissen Zeit und vielen Begegnungen wandelt sich unsere Einstellung, diesen zwei Greisen gegenüber hin zur totalen Abneigung. Nur mit einem äusserst stark ausgeprägten Repressionsapparat, bestehend aus Revolutionswächtern und einer skrupellosen Geheimpolizei kann ein solch kleiner Teil der Bevölkerung die enorm grosse Gegnerschaft in Schach halten. Vor allem letztere hat bei den Protesten vor 3 Jahren ihre Kompromisslosigkeit und Einschüchterungstalent unter Beweis gestellt. In Zivil bewegt sie sich unter den Menschen, kontrolliert die Einhaltung der Unmengen von Verhaltensregeln und verfolgt Homosexuelle. Wir hören gruselige Geschichten von inszenierten Raubüberfällen und Folter. Kein Wunder wollen ganze Generationen in liberalere und humanere Regionen auswandern. Durch die vorherrschenden Umstände existieren Parallelgesellschaften und Kontroversen. Die verbotenen Konsumgüter gibt es in rauen Mengen und die Partys finden hinter verschlossenen Türen statt. Es müssen grosse Risiken eingegangen werden die Bedürfnisse nach Spass und Unterhaltung zu befriedigen. Wieviele Iraner und Iranerinnen wirklich hinter der Regierung stehen und ein streng religiöses Leben verfolgen bleibt uns letztendlich verborgen, denn natürlich gehen die westlich orientierten Regierungsgegner viel öfter auf ausländische Besucher zu und so ist unser Bild der Bevölkerung wahrscheinlich etwas verzerrt.

Iranische Gastfreundschaft

Um der ungesunden Luft zu entkommen machen wir uns auf ins nördlich gelegene Allamut Valley. Wir erleben, wie sich zwei Familien darum streiten uns als Gäste hofieren zu dürfen. Die besseren Argumente obsiegen und so landen wir wenig später an einer Hochzeit. Die Festivitäten dauern zwei Tage lang. Wir werden im Feriendomizil einer Grossfamilie nach Strich und Faden verwöhnt. Am dritten Tag geht’s nach Qazvin, der ersten Hauptstadt des Irans und gleichzeitig dem Wohnort unserer Gastgeber. Wir verspüren das Bedürfnis, uns aus den Fängen der Gastgeber zu lösen um wieder etwas flexibler und spontaner unterwegs zu sein. Aber nix da, auch der nächste Tag ist bereits für uns durchgeplant. Zum guten Glück haben die Gastgeber Ferien in Armenien geplant, sodass wir nach fünf Tagen wieder auf freiem Fuss sind. Mit Tränen in den Augen und wertvollen Abschiedsgeschenken werden wir verabschiedet. Wir sind einerseits etwas erschöpft, weil wir uns eine solch umfangreiche Gastfreundschaft nicht gewohnt sind, aber auch dankbar für die Einblicke in den Iranischen Alltag.



Ja der Iran ist eine spannende Materie. Auf jeden Fall lohnt es sich in Zukunft die Geschehnisse genau zu verfolgen, denn die Iranische Bevölkerung lechzt nach Veränderung.

Donnerstag, 7. Juli 2011

"On The Road Again"



Es sind nun schon mehr als zwei Monate her, als wir von Bolligen aus mit dem Fahrrad in Richtung Osten aufgebrochen sind. Bereits 9 Länder wurden durchquert und unzählige Bekanntschaften gemacht. Zeitweilen sind die Tage derart intensiv, sodass wir das Fahrrad zur Seite stellen und Innehalten müssen.

Zurzeit befinden wir uns in einem Hotel in Kahramanmaras im Süden der Türkei, nahe der Syrischen Grenze. Die letzten Tage waren körperlich sehr anstrengend. Mit langen Etappen haben wir versucht die 10-tägige Pause in Istanbul zu kompensieren. Das bergige Profil Zentralanatoliens hat uns stark zugesetzt und so leisten wir uns eine bezahlte Unterkunft mit Dusche und Frühstück. Wir können dies ohne schlechtes Gewissen bezüglich unserem Budget tun, denn die türkische Gastfreundschaft ist derart grandios, dass wir fast kein Geld ausgeben. Gerade erst gestern waren wir in einem kleinen Dörfchen zum Essen und Schlafen eingeladen. Mit der Absicht unsere Wasserflaschen aufzufüllen waren wir ins Dorfzentrum abgebogen. Wie so oft bildete sich eine Traube von Menschen vornehmlich Kindern um uns herum. Als erstes wird der bepackte Drahtesel bestaunt, dem folgt eine gestenreiche Erklärung unseres Vorhabens und schliesslich will geholfen werden. Da sich eine kleine Regenschauer anbahnte wurde uns sogleich eine Unterkunft angeboten, gleich im Haus nebenan bei einer 6-Köpfigen Familie. Nach der ersten Verköstigung gings auf einen Dorfspaziergang, angeführt von etwa zwei Dutzend Kindern. Die kleine Moschee, die Schule, die Wasserquelle und der Internetschuppen wurden uns voller Stolz präsentiert. Die Herzlichkeit unserer Gastgeber ist vor allem seit dem Eintritt in die Türkei überwältigend. Es ist kaum zu glauben, aber wir hatten auf unserem Weg durch 9 Länder Europas, mal abgesehen von einigen übermotivierten Hunden, noch keine einzige feindliche Begegnung zu beklagen.


Wir gleiten durch die Landschaft

Die Übernachtungen in der Natur sind immer wieder ein Abenteuer. Oftmals stellen wir unser Zelt in der Dunkelheit auf und sind dann morgens überrascht, in welch schöner Umgebung wir aufwachen. Das Erleben der landschaftlichen Veränderung über die Distanz ist beeindruckend. Die Vegetation und auch die Tierwelt verändert sich von alpinen über mediterrane bis hin zu sehr kargen Gebieten erstaunlich schnell.
Mit unseren Zweirädern gleiten wir dahin, mal langsamer und mal schneller, im Durchschnitt machen wir etwa 80 Kilometer täglich. Mal ist es heiss und dann wieder angenehm kühl. Oftmals spielt der Wind eine entscheidende Rolle und beeinflusst unser Tempo als auch unsere Laune, nichts ist mühsamer als einen ganzen Tag gegen den Wind fahren zu müssen. Das Fahrrad als Reisemittel erschien uns nebst dem sportlichen Aspekt vor allem auf Grund der reduzierten Geschwindigkeit optimal. Wir sind jedoch überrascht wie schnell man vorankommt. Die Tage sind bei Grenzübergängen besonders intensiv, wie folgendes Beispiel illustrieren soll


Zeitweilen von der Intensität überwältigt

Wir erwachen in einem Hostel in Skopje, wo sich aufgrund des bevorstehenden Fussballspiels zwischen Mazedonien und Irland eine ganze Meute von Irischen Fans eingemietet hat. Der Kopf dreht sich noch ein wenig und die Lachmuskeln sind angeschlagen, die vorangegangene Nacht hatten wir den Iren gewidmet. Am Mittag machen wir uns auf in Richtung Griechische Grenze. Der Weg führt uns durch eine stark bewaldete und unbewohnte Gegend. Da wir für diesen Abschnitt keine gute Strassenkarte besitzen, erkundigen wir uns mehrmals bei den Anwohnern. Natürlich werden wir wieder eingeladen. Mit dem Familienvater, seinen beiden Söhnen und der etwas scheuen Grossmutter verweilen wir in deren Garten und trinken Tee. Da es bereits eindunkelt und wir unbedingt Griechenland erreichen wollen, müssen wir die Einladung über Nacht zu bleiben ausschlagen und uns verabschieden. Als Proviant werden uns Tomaten, Peperoni, Brot und Nüsse mitgegeben. Gegen 21 Uhr überqueren wir die Grenze. Die Müdigkeit macht sich bereits bemerkbar und wir halten Ausschau nach einem geeigneten Plätzchen für unser Zelt, doch nichts dergleichen. Beim Passieren eines Gasthofs hören wir laute Musik, es ist eine Hochzeit und nach 5 Minuten sitzen wir an einem massiv überfüllten Tisch, stossen mit Hochprozentigem auf das Brautpaar an und schlagen uns den Bauch voll. Bis zwei Uhr morgens verweilen wir und werden anschliessend zu einem Haus eskortiert, in welchem wir für eine Nacht den ganzen oberen Stock für uns beanspruchen dürfen.
Die Intensität der Erlebnisse ist überwältigend. Wir treiben dahin, sagen „ja gerne“, „lieber nicht“ und „vielen Dank“ und der Rest erledigt sich von selbst. Einzig unser Ziel, China zu erreichen hält uns vom längeren Verweilen ab. So machen wir uns mit Johnny Cashs „On The Road Again“ in den Ohren auf um in den nächsten Tag zu gleiten.

Freitag, 24. Juni 2011

Peja - Istanbul


Nach einer knappen Woche im Krankenbett hatten wir einiges an Energie angestaut, so dass wir uns raus in die weite Welt stürzten und vor lauter Ereignissen kaum noch die Zeit fanden für unseren Blog zu schreiben. Mittlerweile in Istanbul angekommen finden wir nun einige ruhigen Minuten um zurück zu schauen und mit euch einige dieser Momente zu teilen.

Der Zug brachte die von der Krankheit geschwächten Velogeeks von Pristinah an die Grenze zu Mazedonien von wo es per Fahrrad zu den irren Irischen Fussballfans nach Skopjie ging. Die irren Iren folgen ihrer Mannschaft in jedes Land um dort das lokale Irish Pub aufzusuchen. Kulturellen Austausch oder weitere Erfahrungen brauchen sie nicht unbedingt, denn sie sind genug komisch um sich ganze Nächte um die Ohren zu lachen. Daher verzichteten wir auf tiefgründigen lokalen kulturellen Austausch und widmeten uns irischer Kultur: Bier trinken, viel irres Zeug reden und vor allem lachen bis einem die Tränen kommen.

Abermals mit dem Zug fuhren wir an die griechische Grenzen wo uns eine Mazedonische Familie zum „Mazedonien-Abschied“ einen Mitternachtskaffee und einen Haufen Proviant offeriert. Dies sollte nur der Anfang sein von einer schier endlosen Episode herzlicher Einladungen und schönen Begegnungen. Aber alles der Reihe nach: Um Mitternacht passieren wir also die griechische Grenze und fahren auf der Suche nach einem Nachtplatz eine kleine Landstrasse runter. Den Nachtplatz finden wir nicht aber dafür eine griechisch-russische Hochzeit. Schnell sind wir eingeladen und unsere Mäuler werden gestopft und unseren Durst mit reichlich Vodka gestillt. Die Griechen sind unglaublich gastfreundlich und sehr interessiert an uns und unserem Radel-Projekt. Am nächsten Tag wollen sie uns Griechenland von seiner besten Seite zeigen, laden uns zu einem üppigen Mittagessen ein und zeigen uns „The Blue Tarzan Lagoon“. Dieser wunderschöne türkisblaue Bergsee, gespiessen von Wasserfällen, in Mitten von Bäumen und Sträuchern ist ein kleines aber feines Paradies. Nach diesem unglaublichen Wochenende fällt uns der Abschied von unseren griechischen Freunden schwer, doch es ist Zeit to „hit the road again“.

Diese Erlebnisse widerspiegeln diese unglaubliche Freiheit einer solchen Radreise. Wir können unsere Pläne fallen lassen, müssen uns keine Gedanken machen wo wir schlafen, essen oder Pipi machen. Wir treiben dahin, lassen uns gehen und schauen was uns der Tag offeriert und erleben dabei manchmal unglaublich schöne und einzigartige Momente.

Über Thessaloniki fahren wir der griechischen Küste entlang Richtung türkische Grenze. Wir geniessen die Strände und das türkisblaue Wasser – es werden die letzten sein auf unserer Reise. In Xanti scheiden sich unsere Wege. Nicht weil wir uns nicht mehr riechen können, sondern weil Marchet zeitig in Istanbul sein sollte, um Mami Danlette zu empfangen. Mit Danlette, Risch, Timo, Dave und Marie-Louise verbringen wir eine wunderbare Woche in Kuzguncuk, auf der asiatischen Seite von Istanbul. Eine Stadt die mit ihren 15 Millionen Einwohnern aus unzähligen Quartieren besteht, welche bei uns jeweils als kleinere Städte durchgehen würden. Der Bosporus, der die Stadt in eine europäischen und asiatische Seite aufteilt, verleiht der Metropole den nötigen Überblick und ihren einzigartigen Charme. Die täglichen Überfahrten mit dem Schiff, der Blick auf das Lichtermeer der Stadt und die unzähligen Moscheen, werden zu unserer Lieblingsbeschäftigung. Man kann den Bosporus aber auch abenteuerlicher überqueren, in dem man sich mit dem Fahrrad auf die riesige Autobahn begibt. Nach etwa 500 Metern wird man von der Polizei angehalten, es werden Nettigkeiten ausgetauscht und zu guter Letzt wird man zwischen zwei Polizeiautos über die Brücke eskortiert.

Überhaupt lässt sich sagen, dass wir auf unserem Weg immer wieder herzlich empfangen werden. Der Chai-Tee fliesst in rauen Mengen und das Interesse für unsere Reise ist gross. Um doch noch vorwärts zu kommen und unsere Kilometer zurückzulegen, müssen wir uns oftmals abrupt verabschieden, et voilà merci....

Montag, 30. Mai 2011

Sarajevo - Pristina (Peja)


Der Verzerr von schlechtem Essen kann auch Vorteile haben: man findet viel Zeit seinen Blog aufzuarbeiten, da Velo fahren eh kein Thema ist. So liegen wir nun bereits 72 Stunden im Hotelzimmer und bewegen uns eigentlich nur bis zur Toilette. Aber es gibt definitiv spannenderes zu Erzählen:

Die Strecke von Sarajevo nach Pristina führte uns durch viele wilde Täler und nette Berge. Weite Teile der Strecke haben wir auf Nebenstrassen und unasphaltierten Strecken zurückgelegt, was einiges ungewisser und abenteuerlicher war als die Sonntagsspazierfahrt der kroatischen Küste entlang. So wechselte eine perfekte Teerstrasse abrupt in eine Schotterstrasse mit unzähligen unbeleuchteten Tunnels. Ein 45 Kilogramm schweres Fahrrad auf löcherigem, steinigem Untergrund durch stockdunkle Tunnels zu steuern ist schwieriger als man denkt.  Als uns dann noch ein Erdrutsch die Strasse versperrte und sich just beim Passieren des Abschnitts ein weiterer Teil des Abhangs löste, hatten wir genug Abenteuer und so pedalten wir möglichst schnell zum nächsten Bier.

Bei einer Tankstelle kauften wir eine serbische Strassenkarte, wobei wir erst später bemerkten, dass auf der Karte alle Bäder und Mineralquellen eingezeichnet waren. Und voilà, auf unserer Route war tatsächlich ein Bad eingezeichnet. Voller Elan kamen wir stinkig und schwitzig beim Bad, leider nein, der Rehabilitationsklinik an. Wir freuten uns auf warmes Wasser, Whirlpool was wir aber vorfanden war nur einen schäbigen Pool. Schon fast aufgegeben fragten wir wie es denn eigentlich mit einer Massage aussehe? Nur 10 Euro für 60 Minuten? Darum liessen wir uns nicht zweimal bitten und so wurden wir geknetet wie die Könige während uns die lieben Krankenschwestern gleichzeitig das Nachtlager organisierten.

Weiter in den Kosovo... Die Überwachung der Kosovarischen Grenze ist beeindruckend. Auf den naheliegenden Hügeln ist die KFOR und die amerikanische Armee mit schwerem Geschütz in Stellung. Beim einfahren hoffen wir, dass sie uns Velogeeks nicht als UFO (unbekanntes fahrendes Objekt) identifizieren und uns wegsprengen. Doch weitgefehlt, die EUROLEX Beamten an der Grenze laden uns zum Kaffee ein und erzählen uns von ihren Missionen im Kosovo, in Kabul oder anderweitig auf der Welt. Anscheinend versuchen „Kriminelle“ die Lage vor Ort zu destabilisieren, in dem sie den Grenzübergang angreifen wobei sie es aber vor allem auf das Material und weniger auf die Menschen abgesehen haben. Überhaupt ist es unglaublich wie viele EUROLEX Autos und ausländische Militärs wir im Norden von Kosovo passieren. Was die genau alle machen, abgesehen von auf der Strasse herumfahren, bleibt für uns eher unklar.

Pristina zählt ungefähr 400'000 Einwohner und ist eine sehr dynamische Stadt. Wir haben Glück, denn durch einen vermittelten Kontakt bekommen wir einen sehr guten Zugang zur sehr jungen und aufblühenden Stadt. Alban ist 30 Jährig und verdient sein Geld mit seiner künstlerischen Ader. Seine Bilder und Installationen sind europaweit zu finden. Er zeigt uns seine liebsten Plätze und stellt uns seinen Freunden vor, vornehmlich aus einer gebildeten Mittelschicht, wie es uns scheint. Uns beeindrucken die Geschichten über Flucht während dem Krieg, dem Leben mit politischem Asyl und der Rückkehr in ein Land, das sich zwar im Aufbau befindet aber sehr wenige Möglichkeiten bietet. Der Respekt wächst und wir fragen uns wie wir mit solch vielen Kehrtwendungen im Leben und ohne sicheren Hafen umgehen könnten.

Mit dem Wunsch noch mehr von diesem kleinen Land zu sehen, machen wir uns auf in Richtung Westen, was zwar einem Umweg gleichkommt, uns aber eine wunderschöne bergige Landschaft bieten soll. Was wir bekommen ist 4 Tage Hotelzimmer und Bettruhe, eher suboptimal... So, wir glauben jetzt unseren Körpern genug Ruhe gegönnt zu haben. Wir verlassen jetzt Peja in Richtung Skopje und Griechische Küste, denn wir wollen unbedingt ga bajen!


Dienstag, 17. Mai 2011

Cista Velika - Sarajevo




Welcome to Bosnia-Herzegovina!

Die Fahrt von Cista Velika auf Mostar entpuppte sich als harte und anstrengende Angelegenheit. Wir hatten Cista etwas spät verlassen, weil wir noch Babas Mittagstisch mit Lamm und Huhn geniessen wollten. Dies hatte zur Konsequenz, dass es langsam eindunkelte und Mostar wollte und wollte einfach nicht auf der Bildfläche erscheinen. Also gaben wir richtig Gas, doch mit schon 90km in den Beinen, warteten nach den Kurven immer wieder Steigungen auf uns. Auf dem Pass angekommen, es war bereits dunkel, erstreckten sich unten im Tal die Lichter von Mostar und wir bretterten mit 50kmh genussvoll die Strasse runter. Und was braucht man nach 90km? Einen grossen Teller Spaghetti und ein kühles Bier!

Mostar hat uns positiv überrascht. Die Stadt hat ca 120'000 Einwohner und es scheint als wären um die 60% unter 25 Jahre alt. Die Atmosphäre ist locker und entspannt. Vom Krieg ist abgesehen von zerschossenen Fassaden und vielen Friedhöfen nicht viel zu spüren. Die Stadt ist in ein katholisches und muslimisches Viertel aufgeteilt, doch seien die Anwohner der Viertel inzwischen gemischt, erzählt uns Emir, unser Host. Im Allgemeinen erhalten wir den Eindruck, dass diese Aufteilung in den Köpfen der Jungen Menschen keine Rolle mehr spielt, auch wenn sich beim zweimal jährlich stattfindenden Fussballderby, die rivalisierenden Hooligans regelmässig auf die Kappe geben. Dies sei aber etwas anderes, werde jedoch von gewissen Kreisen politisiert, verrät uns Emir. Die jungen Bosnier wollen nichts als eine Zukunft, einen Job, zeigen jedoch eine gewisse Resignation, da sie die Hoffung in die Politiker längst aufgegeben haben.

Nach zwei Tagen verliessen wir Mostar in Richtung Sarajevo. Die Strasse führte uns durch ein enges Tal mit vielen Tunnels. Die vielen netten Begegnungen mit Bosnischen Lastwagen nahmen uns die Lust am pedalen und so stiegen wir auf den Zug um. Endlich konnten wir die Landschaft ohne zu Berg stehende Haare im Nacken geniessen. In Sarajevo angekommen empfingen uns zwei radelnde Franzosen, die im Park ihre Zirkusnummer übten. Sie sind 10 Monate unterwegs und so sehen sie auch aus. Zurück in Frankreich wollen sie von ihren erlernten Kunststücken leben. Sie haben spannende Geschichten zu erzählen und wir fragen uns ob wir auch als Hippies enden werden. Wir stürzen uns rein ins Nachtleben von Sarajevo; Konzerte gesponsert und zur Feier der EU und ein massiv überfüllter, mit drängelnden bosnischen Muskelmännern und stickiger Luft ausgestatteter Schuppen sind die Erlebnisse dieses feuchtfröhlichen Abends. Zum Frühstück gibt es für läppische zwei konvertierte Mark je einen Boerek – und rein in die Pfanne!

Beim Frizerski versuchen wir unser Aussehen an die Umgebung anzupassen. Der leicht übergewichtige und paffende Friseur zaubert uns zwei Quadratfrisuren wie aus dem Bilderbuch auf den Kopf. Frisch quadriert stolzieren wir ins historische Museum um unser Wissen über die bewegte Bosnische Geschichte aufzufrischen. Leider hat das Wetter umgeschlagen, es ist kalt und regnerisch – wir entschliessen uns für einen Kinoabend mit 3D Brille und einer extrem schlechten Filmstory (The Priests).

Aufgehts nach Pristinha!


Pag - Cista Velika




In den vergangenen Tagen hatten wir an der kroatischen Küste immer wieder mit Bura und Yugo zu kämpfen – die zwei kroatischen Winde lassen nie ganz locker. Sie sind die ständigen Begleiter und sehr tückisch. Manchmal glauben wir, Bura sei schon schlafen gegangen um dann in der nächsten Kurve aufzuschrecken, wenn er wieder versucht uns in den Graben zu stossen. Bura versucht auch immer wieder uns um unseren Schlaf zu bringen, indem er die Zeltwand peitschen lässt.

Abgesehen von diesen zwei eher mühsamen Begleitern, ist die kroatische Küste wirklich traumhaft schön. Das Meer ist türkisblau und die Sonnenauf – und untergänge oft voller Dramatik. Leider ist das Meer noch sehr kalt, wahrscheinlich Aaretemperatur, was bei uns eine gewisse Zurückhaltung auslöst.

Das Leben in unserem schönen Zelt gefällt uns; einschlafen und dabei den Wind und das Meer zu hören, die frische Luft einatmen und durch das Vogelgezwitscher aufzuwachen vermittelt ein starkes Gefühl von Freiheit – Immer wieder wird uns während dem fahren bewusst wie privilegiert wir sind. Wie viele Menschen kriegen die Chance diesen wunderschönen Planeten in solcher Weise anschauen zu können, sich einfach treiben zu lassen um alles in sich aufzusaugen. Es ist ein unglaubliches Geschenk unseres Lebens diese Reise machen zu können.

In Sibenik hat uns Sandra bei sich zu Hause eingeladen. Sie hat uns das schöne Städtchen gezeigt und wir haben viel zusammen geplaudert und einiges über Kroatien in Erfahrung gebracht, so z.B. dass oft, stark und zurecht über Geldnöte geklagt wird, jedoch politische Themen wenn überhaupt nur am Küchentisch diskutiert werden – Status Quo ahoi! Die Konzum-Kassenfrau (Konzum = Coop) verdient nur 600 Kuna im Monat t, also ungefähr 100 CHF: Dies ist unglaublich wenn man bedenkt, dass wir beide knapp mit 200 Kuna pro Tag auskommen können. Vielleicht ist dies einer der Gründe, warum Sandra’s Familie viele Produkte selber anbaut. Wir wurden verwöhnt mit selbstgemachten Wein, Olivenöl, Schnaps und frischem Gemüse und Miesmuscheln. Einmal selber anzubauen und eigene Produkte bruzzeln steht bei uns seither hoch im Kurs, Lebensqualität pur. Allgemein sollte man unsere Reise teilweise in bike’n’eat umbenennen, denn was wir tagtäglich in uns reinfuttern, essen normale Menschen in einer Woche...

Gestärkt mit Lamm und Poulet mit Kartoffeln, Karotten und Zwiebeln aus dem Garten von Baba Sonjic machen wir uns auf den Weg in Richtung Bosnische Grenze. Nach einer wohlig geträumten Nacht in einem grossen kuscheligen Doppelbett und der bisherigen Sonntagsfahrt entlang der Adriaküste, wird’s jetzt im Hinterland wahrscheinlich hügeliger, anstrengender und abenteuerlicher. Auf geht’s nach Sarajevo!

Donnerstag, 5. Mai 2011

Trieste - Pag




Endlich geschafft. Auf der kroatischen Insel Pag sitzen wir nun in unserem Zelt, etwa 12 Meter vom türkisblauen Meer entfernt und schreiben unseren zweiten Blogeintrag.

Beginnen wir mit dem letzten Sonntag, dem 1. Mai – einen Tag wie man ihn als Reisender liebt: Wir wachen frühmorgens auf dem Universitätsgelände von Trieste auf und brauchen eigentlich dringend eine Toilette – doch weit gefehlt. Eine ¾ Stunde später finden wir endlich Erleichterung in einem Café. Weiter geht’s auf Internetsuche, leichter gesagt als getan. Der Computer funktioniert auch nicht wie er sollte und unsere Nerven liegen schon bald blank. Und ja shit, es ist Sonntag, alle Läden sind geschlossen, wir haben einen riesen Hunger und Zigis haben wir auch keine mehr. Und wo schlafen wir eigentlich heute Nacht, siehst du die Gewitterwolken am Horizont?! Nach langem hin und her und planlosem herumlungern entschliessen wir uns spät Nachmittags glücklicherweise doch noch zum Aufbruch und fahren die Hügel hinter Trieste hoch – wir werden mit einer schönen Wiese zum campen und einer saftigen Ananas zum Abendessen belohnt.

Am darauffolgenden Tag durchqueren wir Slowenien. Wir sind begeistert von den Schweinen, die am Strassenrand aufgespiesst am offenen Feuer vor sich hin brutzeln. Am Nachmittag bestellen wir also 1 Kilo Schweinefleisch und schaffen es noch knapp nach Rijeka runter.

Weiter geht es die wunderschöne kroatische Küste runter. Die Landschaft ist atemberaubend. Zum Gegenspieler haben wir Bura und Yubo, die zwei kroatischen Winde die versuchen uns in den Strassengraben zu stossen – sie schaffen es nicht!

Sonntag, 1. Mai 2011

Lavin - Trieste


Für den 1. Mai haben wir uns zur Feier des Tages Zeit genommen endlich einen ersten Eintrag zu posten. Nach diversen regnerischen Nächten im Zelt und intensiver Zink-Salben Therapie geniessen wir in Trieste den letzten Cappuccino bevor wir die Slowenische Grenze passieren.

Rückblickend lässt sich sagen, dass das Startprozedere – oohh wie erstaunlich – anders von statten ging als wir uns das vorgestellt hatten. Anstatt an einem sonnigen Vormittag von Bolligen aus loszuradeln, haben wir uns in einer Nacht und Nebel Aktion per Zug aus dem Staub gemacht. In Zürich wurde der erste Ruhetag einberufen um mit ein bisschen Abstand noch einmal über das Vorhaben nachzudenken. Trotz unseren tollen Mädels und dem wunderschönen Grill auf der Terrasse war die Zeit reif am nächsten Tag loszuziehen. Und ja, kontrovers zur Idee mit dem Fahrrad zu reisen nahmen wir wieder den Zug. Diesmal nach Lavin (Engadin), um dann mit dem Fahrrad nach Tschlin, zu Marchet’s Grosseltern zu fahren. Von nun an gings nur noch mit dem Velo voran. Über den Reschenpass und den wunderschön ausgebauten Radelwegen sind wir Richtung Venedig gebraust. Wir waren wohl noch etwas übermütig vom Anblick der Adria als wir uns entschieden die Freiheitsbrücke nach Venedig zu überqueren um das Städtchen zu „schnöiggen“. Denn genau diese Brücken wurden uns zum grossen Verhängnis. Rollstuhl fahren in Venedig ist nix und so haben wir unsere 50-Kilo-Esel über insgesamt 12 Brücken getragen, bis zur totalen Erschöpfung und zur Belustigung der vielen Touris. Um das schmucke Städtchen zu geniessen haben wir uns einen freien Tag genommen und uns unter die Touris gemischt. Hierzu haben wir ein kleines Rätsel bezüglich dem folgenden Bild: Wo ist Chetimon? Die erste schlüssige Lösungsantwort gewinnt ein Überraschungsgeschenk aus dem fernen Osten.

Um uns der italienischen Kultur etwas anzunähern haben wir auf dem Weg nach Trieste einen regionalen Songcontest besucht. Man muss sich ein überdimensional grosses Zelt mit Bühne vorstellen mit einem leicht gräulichen Publikum, zwei übermotivierten Moderatoren, aufwendige Kostüme gemixt mit schlechtem Gesang – ein herrlicher Abend!